Kunst- und Kulturverein Werl e. V.

Wolfgang Klesse

Mitglied und langjähriger 2. Vorsitzender
Kunst- und Kulturverein Werl e. V.

Gut 30 Jahre ist es her, dass es in Werl eine neue Gruppierung (und dann seit 1990 auch einen Verein – den Kunst- und Kulturverein Werl e. V.) gab, die von Interessierten ins Leben gerufen wurde, um der Stadt Werl im kulturellen Leben eine noch weitere, farbenfrohere und lebendige Ausrichtung zu geben.

Es sollte mehr Musik, mehr Kunst, mehr Angebote für junge Leute in neuen Formen und an anderen Orten geben. Ein hohes Ziel. Hat der Verein in den drei Jahrzehnten seines Bestehens das geschafft? Das mag die Leserschaft beurteilen.

Den Aktiven hat es sicherlich Spaß und Freude gemacht, Ideen zu entwickeln und sie in angemessener Form umzusetzen, und es war sehr oft spannend, Neues auszuprobieren und auch mal Risiken einzugehen. Das gemeinsame Arbeiten mit Kultur hat Menschen zusammengebracht; sie haben sich zusammen gefreut, Kultur genossen und sie erlebt. Das war nicht immer einfach, und gerade in den letzten Jahren musste auch der Verein die bittere Erfahrung machen, dass die Einladung zum Mitmachen an neue, gerade junge Leute, ein Bohren dicker Bretter bedeutet.

Und dennoch: Der Rückblick auf viele Projekte, Clubabende, Veranstaltungen, Fahrten und vieles mehr kann sich sehen lassen. Können Sie sich beispielsweise noch an die über 50 Kunstvorträge mit Dr. Martin Dziersk, an den Abend mit dem dokumenta-9-Leiter Jan Hoet und dem Künstler Mo Edoga, an den Mitsingabend mit Katrin Höpker in der Stadthalle, zahlreiche Ausstellungen vor Ort oder in unserer Partnerstadt Halle sowie die neuen „Formate“ „Kultur am Freitag“ und „Salongespräche an besonderen Orten“ (sehr oft in Kooperation mit der VHS) erinnern?

Die Benennung von weiteren einmaligen und einzigartigen Veranstaltungen sprengt diesen Rahmen. Der Wunsch nach kulturellem, unmittelbarem Erleben für Jung und Alt und die aktive und passive Mitarbeit ungezählter Mitglieder hat den Verein getragen, und es bleibt zu hoffen, dass dies auch in der Zukunft so bleiben wird.

Ihr Wolfgang Klesse

Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer

Marlies Beul

Die Werler Stadtinspiranten

Heute melde ich mich im milden Licht der Abendsonne und nicht um Mitternacht, wie ihr vermuten könntet, liebe Männer, Frauen und Kinder der Fußgängerzone, denn ich bin eine Eule der Steinerstraße.

Stellt euch nur vor, mir kam beim letzten Vollmond der Gedanke, zwischen meinen Freunden unserer Straße zu vermitteln, sie miteinander vertraut zu machen. Und so flog ich zwischen Pelikan, Bär, Widder und Stier hin und her und konnte sie für meine Idee gewinnen.

Voller Begeisterung wählten sie gleich den Pelikan zu ihrem Sprecher, weil er ja die größte Klappe hat. Und darum übergebe ich nun das Wort dem Pelikan:

Liebe Lauschende!

Meine Freunde und ich, der Pelikan, sind verbunden durch unsere Herkunft, gemeinsam geschaffen aus eines Meisters Hand. Darum eint uns die edle dunkle Farbe und unsere vornehme Bescheidenheit.

Zu unserer Gruppe gehört natürlich auch der Motorradfahrer, doch mit seinem Geknatter würde er unsere harmonischen Kontakte stören; er muss sich noch ein wenig gedulden.

Vielleicht habt ihr uns noch nicht einmal wahrgenommen, ihr Wandelnden der Fußgängerzone, da wir uns ducken und ergeben unsere Häupter senken. Doch wenn ihr in unsere Straße kommt und euch an den bunten Einfällen und Aktionen unserer munteren Kaufleute erfreut, so möget ihr auch uns entdecken in unserer Würde und unserem erwachten Selbstbewusstsein, und wir werden euch begrüßen.

Widder und Stier können euch zum Kaufen und Speisen anstoßen; ich werde meine Klappe dezent halten, und der Bär beruhigt alle aufgeregten Gemüter mit seinem dicken Fell.

Freudig und erwartungsvoll verabschieden wir uns von euch, macht´s gut und bis bald,

euer Pelikan und Freunde

Sabine Bömer-Hengst

Vertrauen

Auch ich als Nicht-Werlerin fand die Idee, sich mit Kunstwerken in der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen, sehr interessant. Ja, was ist Kunst, brauchen wir Kunst, was macht Kunst mit uns? Vor allem die jetzige Zeit mit den vielen Einschränkungen im persönlichen sowie im öffentlichen Bereich, hervorgerufen durch einen weltweit verbreiteten Virus, veranlasste mich, bei diesem Projekt mitzumachen.

Nach einigen Recherchen, auch in meinem direkten Umfeld, kam ich auf die Idee: Warum nicht die Mutter Gottes in der heutigen Zeit wieder mehr in den Blick nehmen? Sie gehört seit mehr als 350 Jahren in unseren Kulturraum am Hellweg. Zwar verändern sich die Sichtweisen auf Kunst im Lauf der Zeit und auch der individuelle Umgang mit ihr. Meiner Meinung nach ist in Corona-Zeiten der Blick auf das Kunstobjekt „Mutter Gottes“ aktueller denn je.

Meine Gedanken:

Schutz – Vertrauen – Mut

Aufbruch in eine neue Zeit

Unterwegs sein – Begegnung

Freiheit – Glaube – Hoffnung

Schöpfung – Menschen

Stille – Wunder

Paul Erdelyi

in der wallfahrtsstadt sind die wolken heute so wie in büderich

die werler wolken, beim spazieren sehe ich sie, jeden tag anders

 

Petra Kook

Wer sind wir?

Wer sind wir? Wie und warum existieren wir? Wie wurden wir zu dem, was wir heute sind?

Biologisch, d.h. evolutionsgeschichtlich lässt sich das relativ genau erklären. Und tatsächlich lässt sich konstatieren: Bereits im Uterus sind wir genetisch eindeutig definierbar, individuell, einzigartig. Doch wie und warum wurden wir über Millionen von Jahren zu dem, was uns Menschen ausmacht? Sind wir wirklich nur das Ergebnis von Mutation und Selektion? Von vorteilhafter, zufälliger Anpassung an die Umwelt? Oder steht dahinter ein tieferer Sinn? Sind wir schon einmal oder gar mehrfach existent gewesen? Haben wir bereits in unseren Vorfahren gelebt, die da Könige, Heilige, Wissenschaftler, Märtyrer, Gutmenschen, aber auch Kriminelle und Betrüger waren? Diesen im Hinduismus vertretenen Reinkarnationsgedanken spricht Rose Ausländer in ihrem Gedicht an (war ich ein Falter / ein Baum?), erweitert ihn auf das Universum (oder ein Stern?), um zu dem Schluss zu kommen, dass die Beantwortung der Fragen nicht wichtig sei (ich habe es vergessen), ja es zähle allein zu wissen, dass das Individuum gewesen sei und (auch in der Zukunft) sein werde! Und so kommt die Dichterin zu dem Schluss: (Wir sind) augenblicke aus ewigkeit. Ein schöner Gedanke, wie ich finde. Eine Antwort, die Transparenz schafft, aber gleichzeitig eigene Interpretationen zulässt, ja gerade provoziert.

In meiner Arbeit bleibt die Mitte offen. Die Grundlage der einzelnen Facetten bleibt, verändert sich dennoch! Also sind war das, was wir in unserer Entwicklung waren und das, was wir sein werden.

inspiriert durch das Gedicht „war ich ein falter…“ von Rose Ausländer

Vache Manukyan

Beschützer

Zauberer

Wesen

Der Grüne

Masken bedeuten Verhüllung oder Verwandlung. In Vorzeiten wollte man mit Hilfe von Masken in engen Kontakt mit Göttern, Geistern und Tieren gelangen. Im Osten gilt die Maske als Symbol der großen Täuschung des Seins. Maskeraden haben schon immer fasziniert – der große Karneval in Venedig, die Masken des japanischen No. Im griechischen Theater symbolisierten die Masken die Eigenschaften der einzelnen Figuren, und der Zuschauer konnte sich mit ihnen stärker identifizieren, da der Darsteller hinter der Maske verschwand. Viele verstecken sich hinter einer Maske, auch symbolisch gesehen, und verstecken dahinter ihr wahres Gesicht. Als ich vor Jahren mit dem Gestalten von Masken begann, konnte ich mir nicht vorstellen, welche fabelhaften und unendlichen Möglichkeiten der Wertevermittlung sich vor mir eröffnen würden. In jede Maske habe ich ein Stück meiner Seele einfließen lassen, einen Teil von mir. Masken sind das Spiegelbild menschlicher Seelen.

Dr. Maren Neumann-Aukthun

Geschlossener Lebenskreislauf

Ich habe mir ganz bewusst den Werler Friedhof als eigenstä ndiges Kunstwerk ausgesucht, fü r mich ist dieser Ort ein Kunstwerk an sich. Ein Kunstwerk der Ideen und Gefü hle, die am Ende eines Lebens in den noch Lebenden ü brig bleiben und dort gedanklich zu einer Heimat werden. Lä sst man sich ein auf die intensiven Gefü hle eines solchen Ortes, spü rt man sehr schnell, dass dort unterschiedliche Lebenskreislä ufe zusammenfließen. Mit der Geburt beginnt das, was wir am Ende als Erinnerung zurü ckbehalten. Die Lebenskreislä ufe dazwischen, das, was uns als Person ausmacht – ein Schulabschluss, eine Hochzeit, der Beginn der Rentenzeit, Abschied und Trennung für immer – das sind alles Kreislä ufe, die irgendwann abgeschlossen werden und uns immer wieder auf neue Gebiete fü hren. Das, was am Ende des Lebens ü brig bleibt und die Erinnerungen daran, wie wir unser Leben gelebt haben.

Das Material fü r mein Kunstwerk besteht zu einem großen Teil aus Fundstü cken vom Friedhofsgelände. Die Feder fiel mir vor die Fü ße bei einem Spaziergang ü ber den Friedhof. Die Ginkgoblä tter symbolisieren fü r mich eine Verbindung der tiefen Spiritualitä t, und diese Bä ume finden sich ü berall dort, wo Menschen sensibel damit umgehen – auch so einen Baum habe ich dort gefunden. Das Metall fü r den ä ußeren Kreislauf bekam ich von Bauarbeitern geschenkt, die dort arbeiteten. Fü r mich ist das Thema Lebenskreislauf das zentrale Thema dieses Ortes und regt mich immer zu weiteren Gedanken an. Ich hoffe, Ihnen geht es genauso.

Martina Obermeier-Collete

Das wissbegierige Schweinchen „Werla“

In meinem Kunstobjekt werde ich zwei, auf den ersten Blick doch recht unterschiedlich erscheinende Motive in einen Zusammenhang bringen.

Zuerst einmal ist mir beim Rundgang durch Werl und beim Betrachten verschiedener Kunstwerke die Skulptur des „Schweinehirten“ des Bildhauers Josef Wäscher ins Auge gefallen. Werl war im 19. Jahrhundert geprägt durch die Schweinezucht, was zum (positiv gemeinten) Spitznamen „Siurge Wiärl“ – also „Schweine Werl“ – führte. Das Schwein steht mithin im Zentrum meines Werkes.

Dabei ist nun aber unbedingt herauszustellen, dass Schweine zu den intelligentesten Säugetieren gehören, sogar – wie die neuere Forschung herausgefunden hat – mehr Kommandos lernen können als Hunde, obendrein ein Bewusstsein von sich selbst besitzen. Schweine kennen ihren Namen, haben ein gutes Erinnerungsvermögen, sind neugierig und einfühlsam, sind sauber (wenn sie nur genügend Platz haben!), spielen gerne, träumen, sind sozial und kommunizieren miteinander, sie orientieren sich gut, sind Genießer. (Übrigens findet sich bereits im chinesischen Horoskop eine sehr hohe Wertschätzung des Schweins!)

Und vielleicht würde ja das wissbegierige „schlaue Schweinchen“ in der modernen Fabel auch zur „Schule“ gehen wollen.

Hier kommt dann das zweite Motiv ins Spiel. In meiner wissenschaftlichen ersten Staatsexamensarbeit habe ich auf der Grundlage intensiver Recherchen im Stadtarchiv zahlreiche Beispiele aus der Werler Schulgeschichte im 19. Jahrhundert analysiert. Kopien diverser Quellen zum damaligen Thema finden jetzt Anwendung in der Ausgestaltung des „Umfelds“ des Schweines in meinem Bild.

Thomas Seeck

Verendete Eule

Die „Verendete Eule“ steht in einer langen Tradition von Eulendarstellungen in Kunst und Design. In der europäischen Deutung bei Hieronymus Bosch war die Eule ein Symbol für den Teufel, und in unserer Volksmythologie fürchtete man sich vor dem nächtlichen Ruf des Käuzchens, weil man mit ihm den Tod eines Menschen in Zusammenhang brachte. Die Renaissance mit der Wiederentdeckung der Antike brachte einen Bedeutungswandel in der Kunst und Wahrnehmung. So steht die Eule in der heutigen Zeit für Weisheit und Bildung. Dieser Wandel geht auf die Göttin Athene zurück. Sie war im alten Griechenland die Göttin der Weisheit, auch Stadtgöttin Athens, und der Steinkauz, heimisch in den Hängen der Akropolis, war ihr heilig. In dieser Tradition steht auch die Eulendarstellung in der Steinerstraße, auf die meine Darstellung antwortet.

Die Eule in meiner Tonskulptur war offensichtlich niemandem heilig, sie ist Opfer der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur durch den Menschen. Nichts kann den Menschen in seiner Gier aufhalten. Laut WWF sind auch in Deutschland 33 % der Wirbeltiere, 34 % der wirbellosen Tiere, 31 % der Pflanzen und 20 % der Pilze bestandsgefährdet. Die selbst im Tod noch sichtbare Schönheit und Grazie der Kreatur wird bald vergehen. Sie wird nie wieder bei Nacht auf lautlose Jagd gehen.